Der Herbst ist da und mich erreichen aktuell wieder viele Anfragen von besorgten Pferdebesitzern mit hustenden Pferden, die ihre Lieblinge über die Fütterung unterstützen möchten. First of all: Husten beim Pferd sollte immer ernst genommen und Atemwegsprobleme daher auch immer vom Tierarzt untersucht werden. Ein regelmäßiges Husten ist nicht normal, auch nicht wenn es "nur" beim ersten Antraben zu hören ist! Und: nur weil das Pferd nicht ständig hustet, bedeutet das nicht dass die Lunge frei ist. Bei festsitzendem Schleim ist zwar kein Abhusten zu hören, die Belastung jedoch trotzdem vorhanden. Eine diagnostische Abklärung macht also auch schon bei
"kleineren" Auffälligkeiten wie gelegentlichem Husten, auffälliger Atmung oder Symptomen wie Müdigkeit oder Abgeschlagenheit Sinn. Tatsächlich leidet in Deutschland jedes vierte Pferd in regelmäßigen Abständen (meist in der kalten Jahreszeit) an einer Atemwegserkrankung – zwischen 11 und 17 Prozent sogar unter der chronischen Variante.
Lungenbelastung im Pferdealltag
Atemwegsprobleme können sowohl infektiös, als auch durch externe Faktoren, wie zB Staubbelastung, ausgelöst bzw. begünstigt werden. Als besonders gefährlich gelten hierbei Partikel, die sehr klein sind und etwa einen Durchmesser von 2-7 Mikrometer aufweisen. Staubpartikel besteht hierbei aus kleinen Teilchen von Blättern, Samen und Blüten aber auch Infektionserregern wie zum Beispiel Bakterien, Pilzsporen, Myko- und Endotoxinen und Milben. Wenn wir über Atemwegsprobleme sprechen, müssen wir uns also immer auch Gedanken um Haltung und Management des Pferdes machen. Ohne entsprechende Optimierung wird sich das Problem langfristig nicht lösen lassen, sondern im unschönsten Fall zu einem chronischen Problem werden.
Die in Stallluft schwebenden Partikel stammen größtenteils aus dem Futter oder der Einstreu. Hierbei kannst du durch einige Maßnahmen schnell dabei helfen, die Staubbelastung und damit auch den Belastungsdruck auf die Lunge zu reduzieren:
Einstreu prüfen: Es wurde nachgewiesen, dass die Luftqualität durch den Ersatz von Stroh durch staubarme Einstreuvarianten wie Strohpellets, Späne, Miscanthus und Co. nachhaltig verbessert wird. Gerade im Winter, wo die Pferde ggf. mehr Zeit in den Ställen verbringen (müssen), macht eine Anpassung der Einstreu Sinn.
Senkung der Staubbelastung im Nasenbereich: Das Prinzip ist einfach: Wo das Pferd die Nase hin- oder hineinsteckt nimmt es auch dort vorhandene (Staub-)Partikel über die Nüstern auf. Es macht daher Sinn, das Pferd beim täglichen Management zu beobachten: Wird das Heu vom Boden, aus der Raufe oder aus dem Netz gefüttert? Wie tief "versinkt" das Pferd im Heu? Erfolgt die Fütterung drinnen oder draußen? Wie sehen die Untergründe aus? Sammeln sich zB Heupartikel am Boden der Raufe und das Pferd wirbelt diese bei jedem Atemstoß auf? Wie sind die Futtertröge konstruiert? Sind diese groß genug, dass die Atemluft zur Seite entweichen kann?
Lüftung und Stallklima: Schon bei der Stall- und Boxenwahl solltest du einige Punkte beachten. Prinzipiell sind Außen- oder Paddockboxen hochwertiger was das Klima angeht als Innenboxen. Insbesondere bei Stallhaltung sollte zudem viel Wert auf eine ordentliche Belüftung der Stallgebäude gelegt werden. Regelmäßiges Lüften (auf Zugluft achten), eine offene Bauweise und natürlich auch die Wahl der Einstreu haben immensen Einfluss auf die Luftqualität. Grundsätzlich gilt: Kommst du in die Stallgasse bzw. die Box und es riecht nach Ammoniak / "Stallgeruch", so kann von einer unzureichenden Luftqualität ausgegangen werden.
Hygiene: Hierzu zählen zB. das wässern der Stallgassen / Putzplätze vor dem Fegen, regelmäßige Reinigung der Tröge, Raufen und Tränker, das Säubern und waschen von Heunetzen, aber auch die regelmäßige Bewässerung von Reitböden.
Fütterungs- und Mistmanagement: Durch die Entfernung der Pferde aus der Stallgasse oder dem Putzplatz bevor gemistet, gefüttert oder gefegt wird, den Verzicht von der Lagerung von Heu in den Stallgassen und dem Aufschütteln von Heu vor der Fütterung (ausgeschüttelte Partikel dabei bitte entfernen und nicht im "Heuhaufen" liegen lassen) lässt sich die tägliche Belastung ebenfalls deutlich vermindern.
Haltungsform: Ergänzend zu den Anmerkungen in Bezug auf das Stallklima bietet eine 24h-Weidehaltung oder alternativ die Haltung im Offen- oder Aktivstall (auf staubarme Böden achten!) die optimalsten Voraussetzungen wenn wir an die Lunge unserer Pferde denken. Insbesondere bei Pferden mit chronischen Atemwegsproblemen kann eine Anpassung der Haltungsform daher unumgänglich werden.
Kann ich über die Fütterung unterstützen?
Nun aber zurück zur Fütterung. Vorab: DAS Wundermittel, um Pferde "gesund" zu füttern gibt es nicht. Ebenfalls gibt es kein Futtermittel welches ein ggf. benötigtes Medikament ersetzen kann. Aber natürlich können wir das Pferd über die Fütterung bei der Genesung unterstützen.
Gerade bei Pferden mit leichten Beschwerden lässt sich über die Zugabe von Kräutern wie in etwa Thymian, Fenchel oder Kamille die Schleimlösung anregen und erhalten. Auch die Schleimhäute lassen sich durch Kräutereinsatz beruhigen und das Abschwellen erleichtern. Wie immer beim Einsatz von Kräutern kann ich jedoch nur dazu raten, sich vorab mit den Wirkungsweisen und Wechselwirkungen vertraut zu machen und vorab zu überlegen, ob das jeweilige Kraut für das einzelne Pferd geeignet ist. So ist zum Beispiel der Einsatz von Eukalyptus bei einem Pferd mit gleichzeitigen Magen- oder Leberproblemen nicht empfehlenswert. Enthalten Kräuter viele ätherische Öle muss ein Einsatz ebenfalls gut abgewägt werden, kann er doch bei akuten Infekten auch zur Verschlimmerung der Symptomatik führen.
Neben der Zugabe geeigneter (!) Ergänzungsprodukte aus der Phytotherapie oder auch Homöopathie sollte immer auch die Raufutterqualität und -fütterung überprüft werden. Prinzipiell ist eine bodennahe Fütterung zu bevorzugen, da hierdurch der Schleimfluss begünstigt wird. Auch der Einsatz von Netzen oder Raufen mit Slowfeed-Einsätzen kann sinnvoll sein, um ein Eintauchen der Nase in das Heu zu verhindern. Wie immer gilt hierbei: Prüft, welche Möglichkeiten ihr zur Verfügung habt und umsetzen könnt.
Bei Pferden mit chronischen Atemwegsproblemen macht ggf. auch der Einsatz von bedampftem Heu Sinn, da sowohl die Staub- als auch die Hefen-, Schimmelpilz- und Bakterienbelastung signifikant abgesenkt wird. Vorsicht jedoch: Bedampfen verändert die Zusammensetzung des Heus insbesondere in Bezug auf Proteine und Vitamine. Eine entsprechende Anpassung der Ration und der Mineralisierung ist also nötig.
Auch wässern des Heus kann eine Alternative sein - macht jedoch nur Sinn wenn es auch richtig gemacht wird: Heu immer wässern und danach direkt (!) verfüttern. Liegezeiten > 2 Stunden sind unbedingt zu vermeiden, da hierdurch der Keimbesatz explodiert. Gewässertes Heu muss somit immer in mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt verabreicht und jeweils frisch bewässert werden, was einen immensen Zeitaufwand und Wasserverbrauch mit sich bringt.
Leidet dein Pferd bereits an chronischen Atemwegsbeschwerden, so ist eine Optimierung der Nährstoffversorgung nötig. Insbesondere die Vitamine A bzw. b-Karotin, C, E und das Spurenelement Selen spielen aufgrund ihres Einflusses auf die Abwehrfunktionen und somit das Immunsystem eine wichtige Rolle. Auch die Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren scheint einen positiven Einfluss auf Prävention und Therapie von Pferden mit equinem Asthma zu haben.
Wie immer an dieser Stelle möchte ich jedoch betonen, dass niemals "blind" Nährstoffe supplementiert werden sollten. Das Zauberwort heißt hier "Rationsberechnung" und anschließende sinnvolle Anpassung der Ration.
Bewegen, bewegen, bewegen
Zu guter Letzt möchte ich noch auf einen wichtigen Part eingehen: die Bewegung. Je weniger ein Pferd sich bewegt, desto leichter setzt sich Schleim fest und desto hartnäckiger halten sich die Atemwegsprobleme. Eine Durchlüftung der Lunge ist zwingend notwendig für die Genesung. Und nein: ein
bisschen im Schritt spazieren gehen reicht hierzu nicht aus. Bewegt eure Pferde - und das bitte in allen Gangarten. Der Luftaustausch der Lunge ist im Galopp am höchsten. Regelmäßiges galoppieren ist daher ein wichtiger Aspekt in der Behandlung von Atemwegsgeschichten. Jedoch nur bitte nicht auf staubigen Reitböden ;-) Im Zweifel ist das Gelände das Mittel der Wahl.
Was ist mit Inhalatoren?
Kurz und knapp: Inhalation ist super. Aber bitte nur mit einem geeigneten Inhalationsgerät für Pferde. Finger weg von Geräten aus der Humanmedizin, diese bringen nicht die für ein Pferd nötige Leistung und können so gar nicht ausreichend in die Lunge vordringen um einen Erfolg zu erzielen. Eine Inhalation mit Kochsalzlösung ist auch ohne Konsultation eines Tierarztes möglich. Darüber hinausgehende Ergänzung von medikamentösen Inhalaten sollte jedoch bitte immer in Rücksprache mit deinem Tierarzt erfolgen! Auch der Einsatz von Solekammern oder -hängern bringt betroffenen Pferden Linderung und wird sehr gut angenommen.
Nur das Gesamtpaket ermöglicht langfristigen Erfolg
Noch einmal kurz und knapp zusammengefasst: Husten ist keine Lappalie. Jedoch können wir durch eine sinnvolle Anpassung dafür sorgen, dass Atemwegsbeschwerden künftig weniger oder gar nicht mehr auftreten. Auch bei chronischen Hustenpferden kann eine Linderung der Beschwerden bis hin zur Symptomfreiheit erzielt werden. Hierzu zählen jedoch immer ein sinnvolles Zusammenspiel aus Haltung, Fütterung und vor allem der Bewegung.
PS: Ich behandle hier bewusst keine Empfehlungen zu Medikationen. Dies ist das Fachgebiet deines Tierarztes.
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