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Die Sache mit dem Stress

Beim Pferd (genau wie beim Menschen) existieren verschiedene Arten von Stress: kurzfristiger und dauerhafter, aktiver und passiver, positiver wie negativer sowie diverse Abstufungen wie das einzelne Pferd auf Stress reagiert.

Doch was hat das mit der Fütterung zu tun?


Zwischen 30 und 70% unserer Freizeitpferde leiden an Magenproblemen, bei Turnierpferden liegt die Quote nochmals höher. Man nimmt an, dass fast jedes Pferd mindestens 1x in seinem Leben an einem Magengeschwür leidet.


Eine der häufigsten Ursachen: (Wer hätte es gedacht) Stress. Warum das so ist? Durch die stressbedingte Erhöhung des Blutkortisolspiegel wird die Magenschleimhaut weniger gut durchblutet und ist somit anfälliger für Schädigungen. Besteht die Stresssituation nun über einen längeren Zeitraum, so ist eine Schädigung der Schleimhäute durch die Magensäure möglich.


Damit es gar nicht so weit kommt, ist es zu einem wichtig, dass wir lernen, Stress bei unseren Pferden zu erkennen und in einem annehmbaren Rahmen zu halten, sofern es eben möglich ist. Das ist nicht immer einfach, denn gestresste Pferde wirken nicht zwangsläufig krank, hochgradig nervös oder sind verhaltensauffällig. Auch äußert sich Stress abhängig vom Pferd in sehr unterschiedlichen Symptomen. Es gilt, ein Auge für das eigene Pferd zu entwickeln, um stressbedingte Veränderungen im Verhalten deuten und ggf. frühzeitig reagieren zu können.


Anzeichen für Stress beim Pferd können zum Beispiel sein:

  • Verhaltensauffälligkeiten wie Koppen, Weben oder Kreislaufen

  • Zähne knirschen

  • Häufiges Gähnen

  • Ruhelosigkeit, vermindertes Ablegen

  • Schweif schlagen

  • Gesteigertes Aggressionspotential, häufiges austreten oder Beißen

  • Verkrampfte, feste Muskulatur, insbesondere im Kieferbereich

  • Falten über den Augen

  • Häufiger Kotabsatz bis hin zu Durchfall

  • Futterverweigerung bzw. mangelnder Appetit

  • Gewichtsabnahme

  • Schwitzen auch ohne bzw. bei leichter Belastung

  • Gesteigerte Unruhe, Schreckhaftigkeit oder Hysterie

  • Apathie, „einfrieren“, Bewegungsunlust

  • Unruhiges Ohrenspiel, ständiges „Auf-der-Hut-sein“

  • Mangelnde Konzentrationsfähigkeit, z.B. im Training

  • Geschwächtes Immunsystem, gehäufte Erkrankungen wie Husten oder Haut- und Fellprobleme, Pilzbefall…

Woher kommt Stress beim Pferd?


So verschieden wie die Anzeichen, so können auch die Auslöser für Stress beim Pferd sehr vielfältig sein. Ich habe dir hier einige klassische Ursachen aufgezeichnet, die Liste ist jedoch natürlich nicht vollständig:


  • Veränderungen: Ein Pferd ist ein „Gewohnheitstier“ und verkraftet Umstellungen in der täglichen Routine schlecht – es stresst sich. Ob auf dem Turnier, beim Hängerfahren, Auswärtstraining, Stallwechsel oder bei der Futter- bzw. Herdenumstellung – Veränderungen sind in Bezug auf das Stresslevel immer kritisch zu sehen.

  • Schmerz: Wir kennen es selbst. Uns geht es nicht gut, es zwickt hier oder schmerzt dort. Wir fühlen uns

  • Sozialstress: Sozialkontakte sind essenziell für das Wohlbefinden eines Pferdes – das sollte hoffentlich inzwischen jedem klar sein. Jedoch sollte gleichzeitig sichergestellt sein, dass das Pferd keinen Sozialstress entwickelt.

  • Trainingsgestaltung: Über- wie Unterforderung kann sowohl körperliche als auch geistige Konsequenzen nach sich ziehen.

  • Körperlicher Stress: Nährstoffmangel, übermüdete Muskulatur oder auch Übergewicht sind Faktoren, die den Körper unter Stress setzen.


Hinzu kommt, dass jedes Pferd eine individuelle Stress-Anfälligkeit besitzt. Was das eine Pferd gar nicht juckt, kann beim nächsten bereits ein Problem darstellen. Wie immer gilt also: Lerne dein Pferd zu lesen und sein Verhalten zu deuten, damit du frühzeitig agieren kannst.


Was können wir sonst noch tun?


Komplett lässt sich Stress zugegebenermaßen nicht vermeiden. Auch beim Wildpferd gibt es Stresssituationen – das gehört zum Leben dazu. Gerade im Verletzungs- oder Krankheitsfall ist Stress ebenfalls unumgänglich und auch Stallwechsel lassen sich nicht immer vermeiden.


In solchen Situationen gilt es, Schadensbegrenzung zu betreiben und das Pferd während dieser Phase mithilfe einer angepassten, magenschonenden und -pflegenden Fütterung so gut es geht zu unterstützen.


Was heißt das konkret?

  • Ausreichend Raufutter zur Verfügung stellen. Warum? Kauen ist wichtig. Durch die Kaubewegung wird die Speichelproduktion des Pferdes angeregt. Der Speichel wiederum enthält wichtig Inhaltsstoffe, die für die Pufferung der Magensäure zuständig sind. Zudem sorgt er dafür, dass der Nahrungsbrei ausreichend verflüssigt wird und gut „durchs Pferd rutscht“. Grundsätzlich gilt: Je gründlicher die Nahrung gekaut wird, desto mehr Speichel wird produziert. Raufutter erbringt hierbei eine höhere Speichelproduktion als Kraftfutter. Daher sollten wir sehen, dass unser Pferd auch bei Turnierbesuchen und anderen Stresssituationen immer Zugang zu Raufutter bekommt und dieses auch in ausreichender Menge aufnehmen kann.

  • Magenpflegende Komponenten ergänzen. Egal ob Mash, aufgekochten Leinsamen oder andere „schlonzige“ Leckereien. Durch Zugabe dieser Komponenten wird die Magenschleimhaut gepflegt und ist dadurch weniger anfällig für Schädigungen. Was genau du hinzugeben möchtest, kommt auf dein Pferd und die Gegebenheiten an. Auf dem Turnier ist es wohl eher schwierig Leinsamen aufzukochen, ein Mash zuzubereiten hingegen gut umzusetzen. Schau, was sich gut in den Alltag integrieren lässt.

  • Bei Pferden, die in der Vergangenheit bereits Probleme mit dem Magen hatten, macht es Sinn zusätzlich auch noch einen Magenschoner zu ergänzen.


Stress im Alltag reduzieren


Einige Faktoren haben wir aber sehr wohl in der Hand und gerade dauerhafter Stress ist etwas, das wir versuchen sollten zu vermeiden. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Haltung und Fütterung. Je besser wir versuchen, hier auf art- und bedarfsgerechte Gestaltung zu achten, desto mehr tun wir für die Prävention stressbedingter Erkrankungen.


Bezogen auf unsere Beispiele von oben heißt das:

  • Veränderungen sollten bestmöglich vorbereitet werden. Ob das Verladetraining ist, Gelassenheitsübungen oder aber auch die schleichende Veränderung bei Futterumstellungen: mit vorausschauender Planung lassen sich doch so einige Stresssituationen gut vorbereiten und somit in der Stress-Intensität reduzieren.

  • Nicht jede Haltungsform ist für jedes Pferd geeignet. Es gilt, die für das einzelne Pferd optimale Konstellation herauszufinden. Wo sich manch einer in Gruppenhaltung in einer großen, gemischten Gruppe pferdewohl fühlt, bevorzugt der andere eben lieber eine kleinere, geschlechtergetrennte Herde. Und ja: auch Boxenhaltung kann das Richtige sein, sofern dem Pferd trotzdem ausreichend Möglichkeit zur freien Bewegung und Sozialkontakten gegeben ist. Beim Koppel- bzw. Paddockgang gilt: Auch rangniedrige Pferde sollten Zugang zum (Rau-)futter und Wasser bekommen, ohne ständig verdrängt zu werden, sich jederzeit ablegen können und ausreichend Platz zur Verfügung haben.

  • Pferde brauchen (freie) Bewegung. Ein Pferd ist darauf ausgelegt, am Tag lange Strecken hinter sich zu bringen. Zu lange Stehzeiten, z.B. bei Boxenhaltung können zu Langeweile, Verhaltensauffälligkeiten und Co. führen. Bedenke auch, dass reiten, longieren und Co. keine freie Bewegung ersetzen können. Achte also darauf, dass dein Pferd seinem Bewegungsdrang – insbesondere auch im Winter - ausreichend nachgehen kann.

  • Es macht Sinn, sich – unabhängig von Reitweise, Ambition oder Leistungsstand – einmal mit dem Thema der Trainingslehre zu befassen. Mit einer sinnvollen, ans Pferd angepassten Trainingsgestaltung lässt sich nicht nur Stress reduzieren, sondern auch Muskulatur- und Leistungsstand besser ausbauen.

  • Zusätzlich zur körperlichen Auslastung in Form von Bewegung braucht das Pferd auch geistige Ansprache. Stressarm bedeutet nicht reizarm. Ein unnötiges „In-Watte-packen“ sollte genau wie Überreizung vermieden werden. Sinnvolle Beschäftigung sorgt somit für körperliche wie geistige Auslastung und damit auch für ein zufriedenes Pferd.

  • Routinen sind wichtig. Wer mal beobachtet hat, wie die Pferde zur Futterzeit bereits „auf die Uhr schauen“ wird bestätigen, dass das Pferd den Tagesablauf genau kennt. Dies gibt ihm Sicherheit und es richtet sich danach aus. Insofern sollte versucht werden, Routinen einzuhalten.

  • Egal ob Hufschmied, Waschplatz oder Tierarztbesuch: Übe neue Dinge mit Geduld und Verständnis und zeigt eurem Pferd, dass ein ungewohnter Ort oder eine neue Situation nicht „gruselig“ ist. Hierbei hilft z.B. auch gezieltes Training am Boden, um die Kommunikation zueinander zu verbessern und dich in die Lage zu versetzen, deinem Pferd im Bedarfsfall die Sicherheit zu vermitteln, die es braucht.

  • Auch Nährstoffmängel, Übergewicht oder kritische Überversorgungen können zu Stress beim Pferd führen. Die Fütterung sollte somit in regelmäßigen Abständen geprüft und an die aktuelle Rahmensituation angepasst werden. Die dauerhafte Zugabe von Zusätzen mit beruhigender Wirkung ist beim gesunden Pferd unnötig, sobald die oben genannten Faktoren überprüft und ggf. das Management des Pferdes insgesamt angepasst wurde.


Du möchtest wissen, welche Stellschrauben du noch drehen kannst? Im Rahmen der Beratung ist auch das Thema Stress eines, das wir ansprechen und gemeinsam optimieren können.


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